ANLAGEPRODUKTE

Flucht aus Emerging-Markets-ETF

Produkte verlieren Gesamtvolumen von 11 Mrd. Dollar - Kapitalabzug setzt bei passiven Produkten früher als bei aktiven Fonds ein

Flucht aus Emerging-Markets-ETF

Anleger verabschieden sich im großen Stil von den Emerging Markets. Die Exchange Traded Funds (ETF) auf Schwellenländer-Märkte haben seit dem Jahresanfang Nettoabflüsse von mehr als 11 Mrd. Dollar hinnehmen müssen. Analysen zeigen nun, dass die ETF-Anleger sehr viel früher als die Investoren von aktiv gemanagten Fonds begonnen haben, ihre Anteile zu verkaufen.Von Armin Schmitz, FrankfurtAktienmärkte und Währungen der Schwellenländer befinden sich im freien Fall. So verlor der indonesische Leitindex, der Jakarta Composite, in den vergangenen drei Monaten mehr als 19 %, der türkische Bist 30 gab um fast 17 % nach. Hinzu kommen dramatische Währungsverluste. Obwohl die Zentralbanken eingriffen, fielen die indische Rupie und die türkische Lira auf ein Rekordtief. Die indonesische Rupiah und der brasilianische Real befinden sich ebenfalls auf einem Sturzflug. Sie erreichten den tiefsten Stand in den zurückliegenden vier Jahren. Der MSCI Emerging Markets ist als Marktbarometer derzeit ungeeignet. Mit einem Verlust von lediglich 1 % gibt der Auswahlindex die Entwicklung nur ungenügend wieder. Angst vor dem ZinsanstiegUrsache für die Verluste ist die Kapitalflucht aus den Schwellenländern. Auslöser dafür ist wiederum ist der Zinsanstieg in den USA. Die von der US-Notenbank Federal Reserve im Mai und Juni angekündigte Abkehr von ihrer ultralockeren Geldpolitik setzte den Schwellenländerwährungen wie den Aktienmärkten zu. Die Anleger ziehen Gelder in Milliardenhöhe ab und repatriieren sie in ihre Heimatländer.Allein in der letzten Augustwoche zogen sie nach Angaben von Barclays 3,9 Mrd. Dollar aus den Schwellenländern ab. In der Woche zuvor waren es bereits 1,7 Mrd. Dollar. Von den 3,9 Mrd. Dollar stammten 1,8 Mrd. Dollar von Anlegern, die einen Fokus auf Asien gelegt hatten. In der Woche zuvor waren es 1 Mrd. Dollar. Gemäß der Erhebung von BlackRock summieren sich die Abflüsse allein aus den Schwellenländer-ETF im laufenden Jahr auf mehr als 11 Mrd. Dollar.Diese Abflüsse verteilen sich nicht auf das gesamte Angebot der Schwellenländer-Aktienindexfonds. Allein der iShares MSCI Emerging Markets verzeichnete Nettoabflüsse in Höhe von von 8,2 Mrd. Dollar. Einer der weltweit größten Emerging-Markets-ETF, der Vanguard FTSE Emerging Markets, verlor Anlegergelder in Höhe von 4,1 Mrd. Dollar.Eine Analyse von BlackRock zeigt zwei Auffälligkeiten. So haben die Abflüsse aus den Emerging-Markets-ETF bereits im Januar begonnen. Im Mai stieg die Dynamik an. Anleger zogen die Mittel erst nach der Andeutung einer Abkehr von der lockeren Geldpolitik durch US-Notenbank-Chef Ben Bernanke im Mai ab. Per saldo weisen die aktiv gemanagten Publikumsfonds immer noch Nettozuflüsse von 7,2 Mrd. Dollar auf. Noch im vergangenen Jahr sammelten diese Fonds Anlegergelder in Höhe von 55 Mrd. Dollar ein. Bessere FundamentaldatenDennoch lassen die steigenden US-Zinsen Anleger offenbar ähnliche Krisen wie in den 90er Jahren befürchten. So war eine restriktivere US-Geldpolitik der Auslöser für die Mexiko-Krise in den Jahren 1994/ 1995 sowie die Asien-Krise in den Jahren 1997/1998. Analysten wie Ursina Kubli von der Bank J. Safra Sarasin weisen allerdings darauf hin, dass die Fundamentaldaten die Schwellenländer heutzutage viel besser vor einer gefährlichen Abwärtsspirale schützen. In den Neunzigerjahren wiesen diese Staaten insgesamt noch eine defizitäre Leistungsbilanz aus. Sie seien damit viel stärker von der ausländischen Finanzierung abhängig gewesen, so Kubli.Heute weisen die Schwellenländer allerdings aggregiert hohe Leistungsbilanzüberschüsse sowie große Devisenreserven aus. Außerdem haben sich Staaten längerfristiger verschuldet als früher. Dennoch dürfe man nicht alle Schwellenländer über einen Kamm scheren. In einzelnen Ländern wie Indien, Ungarn, der Türkei, Brasilien und Russland bestehen nach Ansicht von Kublin nach wie vor hohe interne und externe Ungleichgewichte. Einen Hinweis darauf hatte zuletzt auch der HSBC Emerging Markets Index (EMI) gegeben. Die Daten von Juli zeigten abnehmende Wirtschaftsleistungen in Ländern wie Brasilien und Indien. Der EMI signalisierte für Russland sogar das niedrigste Niveau seit fast drei Jahren. Negativtrend hält anExperten halten es daher für möglich, dass der Abzug von Geldern aus den aktiv gemanagten Fonds den Abwärtstrend an den Emerging Markets noch unterstützt. Große Profiteure des Abflusses sind die klassischen Geldmarktfonds. Im August flossen allein 52 Mrd. Dollar in Geldmarktfonds als sogenannten sicheren Hafen - trotz der mageren Renditen. Das waren 21 Mrd. Dollar mehr als noch im Vormonat.